Dalü (大捋, Großes Ziehen) als Partnerübung des Tuishou / Push Hands

Mit dem chinesischen Fachbegriff "Dalü" werden in der Inneren Kampfkunst Tai Chi (Taijiquan) Partner-Routinen bezeichnet. Somit bildet Dalü eine Kategorie des Tuishou (Hände-Schieben). International gebräuchlicher ist "Push Hands / Pushing Hands". Das Ziel von "Neijia (Innere Kampfkunst)" liegt in der Entwicklung innerer Kraft und Anpassung an die jeweilige Situation. Daher wird Dalü auch nicht isoliert  praktiziert sondern eingebunden in den übergreifenden Kontext des Tuishou des Altmeisters Yang Chengfu. Dies ist der Bereich der "Resilienz" und der Yin-Yang-Philosophie. Deren "Soft Skills / Life Skills" haben auch dem Westler viel zu bieten in Puncto Gesundheit, Fitness, Lebensqualität und Zufriedenheit.

Dalü ("Großes Ziehen") - Innere Kampfkunst, Strategie und Philosophie

Die traditionell überlieferten Prinzipien der Partnerübungen basieren auf der ganzheitlichen Yin-Yang-Philosophie. Sie ist taoistisch geprägt und basiert auf stetiger Komplementarität. Konkret bedeutet diese Dynamik: Ist der Kontrahent hart, bin ich weich - und umgekehrt. Ziel dieser flexiblen Anpassung ist das Siegen durch Nachgeben. Zum korrekten Praktizieren gehört es, dieses "kontra-intuive Verhaltensmuster theoretisch zu durchdringen. Zugleich bemüht man sich im Training um die praktische Umsetzung.

Bei diesen Bewegungsmustern werden unterschiedliche kulturelle Normen des Wahrnehmen und Verhaltens besonders deutlich - und "anfaßbar". Die östliche Herangehensweise des "Siegens durch Nachgeben" muss der Westler beim Üben stets umsetzen. Dies bedeutet konkret: Äußerlich nachgiebig aber innerlich zum Sieg entschlossen. Strategie und Taktik unterscheiden sich entscheidend von westlichen Denk- und Verhaltensmustern.

Daher sollten Lehrer auch über interkulturelle Kompetenzen verfügen, um ihren Schülern die Gemeinsamkeiten und Unterschiede erklären zu können. Eine erste Orientierung können neben der Yin-Yang-Philosophie die Werke von Sunzi (Kunst des Krieges) und Musashi (Buch der fünf Ringe) sein.

Dalü - Kampfkunst-Prinzipien und die Partner-Rolle

Die dem "Großen Ziehen" zugrundeliegenden Kampfkunst-Prinzipien findet man in überall in asiatischen Kampfkünsten. Sie umfassen neben Strategischem sowohl Theorie als auch Praxis. "Weiches" und "Hartes" wechseln bei den Schrittfolgen stetig und bilden einen Zusammenhang gemäß dem "Yin-Yang-Prinzipien". Fundamental ist die geforderte "Verbundenheit", das "Eins-Werden" mit dem Partner. Es gilt, mit der eigenen "starken Linie" die "schwache Linie" des anderen auszutesten. Grundsätzlich stellt der Partner nicht einen "Gegner" dar sondern einen "testenden Helfer". Siehe auch Tuishou / Pushhands-Partnerübungen .

Merkmale / Charakteristika

Charakteristisch sind kreisende Arm-Bewegungen, die mit dazu perfekt koordinierten Schrittfolgen ausgeführt werden. Es existieren vier Grundtechniken, die den Trigrammen zugeordnet werden (Shisanshi und Bagua). Die vier Techniken stammen aus der Kampfkunst-Strategie und werden als 采 cǎi, 挒 liè, 肘 zhǒu und 靠 kào bezeichnet. Man spricht auch von "Innerem Dalü". Quelle: Dalü - das Große Ziehen. Siehe auch Push-Hands-Treffen Hannover.

Dalü erfordert stetigen Kontakt der Hände und setzt u. a. den Ellbogen und Schulter als Waffe ein. Hinzu kommen Grifftechniken, um den Kontrahenten in der Richtung seines eigenen Energie-Einsatzes zu ziehen. Die Kraft-Richtungen sind subtil - manche werder nur angedeutet und sind für Laien nicht erkennbar. Die Anwendung erfolgt im Anfänger-Stadium zunächst in die vier Schrägen. Für Fortgeschrittenes Üben gibt es diese Vorgabe dann nicht mehr. Die Geschwindigkeit der Abläufe kann stark variieren.

Fajin-Explosivkraft im Dalü-Training

Das wachsende Interesse an Resilienz und Entwicklung Innerer Kraft hat in den Mitgliedsvereinen des DTB-Dachverbands auch zu vermehrter Nachfrage nach Fajin-Training geführt. Voraussetzungen gibt es keine: Jeder kann Fajin für die Entfaltung seiner Potenziale nutzen. Die "Energie-Entladung gehört zu den traditionellen Übungen der alten chinesischen Kampfkunst-Systeme. Mit den faszinierenden Fajin-Wirkprinzipien sind wir mittendrin im Herzen des Taijiquan und Qigong.

In der Partnerübung Dalü spielt die Fajin-Explosivkraft eine große Rolle - sie entscheidet über Sieg oder Niederlage. Der Ablauf beginnt mit einem Schritt rückwärts des Verteidigers, wobei er den Arm des Angreifers mit sich zieht. Dieser macht einen Schritt vorwärts, um nicht die Balance zu verlieren. Danach bewegt er sucg mit einem zweiten Schritt auf den Partner zu und verwurzelt in aufrechter Körperstruktur. Unmittelbar danach erfolgt die Fajin-Abgabe, sodaß der andere nach hinten weggedrückt wird.

In einem Multimedia-Bericht über Fajin beschreibt DTB-Cheftrainer Dr. Langhoff die Fajin-Grundlagen - insbesondere Charakteristik, Wirkungsweise und Anwendbarkeit dieses faszinierenden Phänomens.

Der DTB-Ansatz kombiniert Fajin mit "Kime (決め, jap. körperlich-geistiger Fokus, Commitment)". Die Bandbreite reicht von flüssiger, wellenartig peitschender Durchdringung bis hin zu harter mechanischer Schockwirkung und Aufpilzung tief im Körper. Dies schafft Synergie-Effekte und ist einem "Quantensprung" vergleichbar, der Potenziale auf eine höhere Stufe heben kann. Von großem Einfluß ist die geistig-emotionale Komponente. Schon in den "Tai-Chi-Klassikern" gebührt dem Prinzip "Die Ruhe in der Bewegung / Calmness in Motion" höchste Priorität. Diese außergewöhnlichen Entschlossenheit verbindet Körper, Geist und Seele. Weiterlesen: Fajin-Explosivkraft mit Kime-Fokus.

Lernmodelle und Lernfortschritte

Zentral für östliche Lernmodelle ist das "DAO (Weg)" mit seinen aufbauenden Stadien. In den einzelnen Stufen des Fortschritts gelten unterschiedliche Regeln und ein Adept weiß nicht, wie weit er auf diesem Weg vorankommen wird.

Dalü gilt vielen als Vorstufe für Freies Push Hands und Push-Hands-Selbstverteidigung, wo es weniger Festlegungen für Rollen, Positionen und Techniken gibt. Diese These ist falsch - und sie kann im Ernstfall leicht zu einem Desaster führen. Siehe dazu das kontrovers diskutierte Thema Push Hands und Selbstverteidigung.

Varianten und Formen

Es existiert eine Fülle von Dalü-Varianten. Sie haben sich insbesondere im Yang-Taijiquan als Teil der "Traditionellen Familien-Form weltweit verbreitet. Bekannt sind die Ausführungen von Fu Zhongwen und Fu Shengyuan. Sie gehen zurück auf den Unterricht von Altmeister Yang Chengfu. Die Dalü-Schrittfolgen sind für Taiji-Anfänger komplizierter als die üblichen Push-Hands-Muster, doch ermöglicht ein ausweichender Schritt nach hinten oder zur Seite häufig den Sieg über den Kontrahenten.

Man sollte wissen, daß noch zahlreiche weitere asiatische Kampfkünste und Kampfsportarten vergleichbare Partner-Drills aufweisen - z. B. Aikido, Judo oder Jujutsu. Diese Tatsache wird in der Taiji-Qigong-Szene jedoch wenig behandelt. Anders im DTB-Verband: Hier werden Unterschiede und Gemeinsamkeiten mit anderen Kampfkunst-Systemen erforscht, um die dem Dalü zugrundeliegenden Prinzipien besser zu verstehen. Siehe dazu die sino-japanischen Studien zum Shindo Yoshin Ryu Jujutsu von DTB-Cheftrainer Dr. Langhoff.

Das Dalü-Training im DTB-Dachverband

Die chinesischen Partnerübungen des Dalü sind Bestandteil des Curriculums für Ausbildung. Sie werden im Taijiquan-Qigong-Dachverband DTB auf drei Arten unterrichtet - als Krankenkassen-Kurse, als Modul der Lehrer-Ausbildung und als Anwendung für Innere Kampfkunst. Ein Schwerpunkt sind interkulturelle Aspekte - chinesische und westliche Normen sind umso leichter zu vereinen, je besser die Praktizierenden über diesen Bereich informiert sind. Konkret geht es um philosophisch-kulturelle Hintergründe ostasiatischer Lebensweise und die Anschauungen zur Kampfkunst.

Dalü - Das "Große Ziehen": Training, Formate und Module im DTB-Verband

Alle Organisationen im Deutschen Taichi-Bund bieten Dalü-Training mit mehreren Formaten und Modulen an. Beurteilungen hier Dalü Ausbildung Yang Chengfu. Mit freundlicher Genehmigung von Dalü Ausbildung Deutschland .

Serie: Pioniere des Tai Chi, Qigong und Tuishou / Push Hands in Deutschland

Neue Folge Dr. Peter Wolfrum, DALÜ-Institut in Leverkusen.